Studie Vitamin C gegen Seekrankheit
Frau Lina Rixgens ist Ärztin und Profi-Seglerin. Im Rahmen ihrer Dissertation beschäftigt sie sich mit Seekrankheit... naheliegend. Das wissenschaftliche Projekt der Kollegin wird durch die DGMM gefördert. Wir freuen uns, Sie an dieser Stelle mit einem kleinen Zwischenbericht teilhaben lassen zu können und danken Frau Rixgens für ihre wertvolle Arbeit:
Seekrankheit ist ein seit Jahrhunderten bekanntes Problem, doch es ist immer noch aktuell. Nicht nur bei einer Fährfahrt oder einem einmaligen Segeltörn werden Leute seekrank, auch gestandene Seeleute und Leistungssportler im Segelsport leiden immer wieder daran. Wer selbst betroffen ist oder Crewmitglieder hat, die immer wieder seekrank werden, weiß, dass die Seekrankheitssymptome einem nicht nur den Segeltörn vermiesen können, sondern auch die Leistung schwächen und ab einem gewissen Punkt eine Gefahr darstellen.
Um die Seekrankheit zu bekämpfen, gibt es viele Mittel und die meisten Leidtragenden finden einen mehr oder weniger hilfreichen Weg damit umzugehen. Der eine geht stoisch Ruder und beugt sich einmal über die Reling wenn es so weit ist, der andere gibt sich unter Deck seinem Schicksal hin, wieder ein anderer schwört auf Scopolamin-Pflaster oder nimmt Ingwer.
Der Gedanke, dass Vitamin C die Seekrankheitssymptome lindern oder gar vermeiden kann, ist nicht neu. In der Fachpresse wird bereits seit mehr als 10 Jahren darüber berichtet. Ein hoher Vitamin C Spiegel senkt den Histaminspiegel im Blut. Histamin ist der für die Seekrankheit hauptverantwortliche Botenstoff des Körpers. 2014 fand unter der Leitung von Prof. Dr. Jarisch und Prof. Dr. Koch eine Studie in Rettungsinseln im Wellenbad statt. Randomisiert und Placebo kontrolliert wurde den 70 Probanden 2g Vitamin C in Form von Kaugummis gegeben. Der Histaminspiegel stieg nach allen Rettunsinsel-Fahrten signifikant an (p<0,002). Es wurde beobachtet, dass die Übelkeit mit Vitamin C nicht komplett verhindert werden konnte, die Probanden der Verum-Gruppe sich aber statistisch signifikant (p<0,01) besser fühlten als die Placebo-Gruppe. Die Abbruchquote wegen zu starker Übelkeit war in der Placebo-Gruppe signifikant höher als in der Verum-Gruppe (p<0,03). Außerdem konnte ein Gewöhnungseffekt mit einer Minderung der Symptome bei der zweiten Fahrt beobachtet werden.
Das positive an der Verabreichungsform als Kaugummi ist, dass das Vitamin C schnell über die Mundschleimhaut absorbiert wird und daher auch noch helfen kann, wenn man schon keine Tablette mehr herunterbekommt. Außerdem kann das Kauen an sich zusätzlich helfen und es sind keinerlei Nebenwirkungen zu erwarten.
Lina Rixgens, als Assistenzärztin in einer Hamburger Klinik in der Anästhesie tätig und selbst erfahrene Seglerin, hat nun in einer Studie die Wirksamkeit von Vitamin C unter Echtbedingungen auf See untersucht. In Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Koch und dem Schifffahrtsmedizinischen Institut der Marine in Kronshagen hat die Promotionsstudentin der CAU zu Kiel besonders die Segler im Fokus.
Die zweigeteilte Studie erhebt zum einen Daten vom Test des Vitamin C Kaugummis bei 50 zu Seekrankheit neigenden Seglern im Rahmen von Hochseeregatten, also auf See. Zum anderen wurde 100 Probanden und Probandinnen, ebenfalls erfahrenen Seglern/-innen randomisiert und Placebo kontrolliert nach dem Kauen von Vitamin C- bzw. Placebokaugummis mit einer Virtual Reality-Brille an Land ein 30-minütiges Video mit Wellenbewegungen gezeigt.
So wie man auf See durch die widersprüchlichen Informationen, die im Gehirn vom visuellen und vestibulären Eingang ankommen, Seekrankheitssymptome spürt, kann das auch an Land im Simulator oder eben der Virtual Reality-Brille passieren. Dann nennt man die gleichen Symptome „Simulatorkrankheit“.
Die ersten Auswertungen legen nahe, dass für Seekrankheit anfällige Menschen auch leichter an Simulatorkrankheit erkranken und dass Vitamin C auf See gegen die Seekrankheit hilft. Die präzisen Studienergebnisse werden in den kommenden Monaten publiziert.